Aus dem Schacharchiv von Chess-Results.com: Artikel: 1182 vom 22.10.1999, Kategorie Kolumne

Auf den Spuren Tals

In der nachstehenden Partie produziert Vishy, wie einst der junge Tal, haarsträubende, vielleicht nicht immer (oder doch?) korrekte Verwicklungen, in denen sich Tschernin nicht zurechtfindet und schließlich fehlgreift.

Weiß: GM V. Anand (IND/2771)

Schwarz: GM A. Tschernin (HUN/2619)

Pirc-Verteidigung B07

Anm. GM I. Balinov

1. e4 d6 2. d4 Sf6 3. Sc3 g6 4. Le3 c6 5. f3 b5 6. g4. Im Kommentar zu seiner nachfolgenden Partie gegen Tschernin bezeichnete Beljawski den Textzug als fragwürdig und empfahl statt dessen 6. Ld3 Sbd7 7. g4 mit unklaren Verwicklungen..

6. ... h6!?. Alternativen zur Partiefortsetzung sind:

A) 6. ... h5 7. g5 Sfd7 8. f4 b4 (Elastischer als 8. ... Sb6 9. Sf3 d5 10. Se5 b4 11. Se2 dxe4 12. Sg3 Sd5 13. Dd2 Lf5 14. Lg2, und Weiß erlangte in Dimitrow-Llopis,Castellar 1995, gute Angriffsaussichten. Dies vermag jedoch angesichts der fast 300 Elopunkte Unterschied nicht zu verwundern.) 9. Sce2 Sb6 10. b3 Lg7 11. Lg2 Lb7 12. Sh3 S8d7 13. a4 a5 14. Tc1 c5 15. d5 Dc7 mit völlig gleichem Spiel, Madl-Reizniece, Elista (olw) 1998.

B) 6. ... Lg7 7. Dd2 (Etwa gleiches Spiel bietet auch 7. Ld3 h5 8. g5 Sfd7 9. f4 Lb7 10. Sf3) 7. ... h5 8. gxh5 (Ein neuer Zug, da 8. g5 Sfd7 9. Ld3 Lb7 10. f4 b4 11. Sce2 c5 12. Sf3 keine Vorteil verspricht.) 8. ... Sxh5 9. Sge2 (In Betracht kommt auch 9. Sh3 Sf6 10. Sf2) 9. ... Sd7 10. Tg1 (10. a4 b4 11. Sd1 a5 12. Sf2 Sb6 13. b3 c5 14. c4 bietet Schwarz gutes Gegenspiel.) 10. ... Dc7 11. Sg3 (Vorteilhaft für Schwarz wäre 11. d5?! Se5 12. Sd4 b4) 11. ... Lb7 12. 0–0–0 a6 13. f4!? b4 14. Sxh5?! (14. Sce2 Shf6 15. e5 Sg4 gibt zwar das Läuferpaar auf, wäre jedoch kaum schlechter gewesen.) 14. ... Txh5 15. Se2 (In Betracht kam auch 15. Sb1 c5 16. d5 Sf6 17. f5) 15. ... c5! (Stärker als 15. ... Txh2 16. f5 und Weiß hat zumindest Kompensation für den geopferten Bauern.) 16. Sg3 Th7 17. Tg2?! (Besser, wenn auch ebenfalls vorteilhaft für Schwarz war 17. f5 cxd4 18. Lxd4 Se5 19. Dxb4 Txh2) 17. ... Da5 18. Kb1 Sb6 19. f5 g5! Im Gegensatz zu Fritz6 sieht Beljawski Schwarz hier in Vorteil. 20. Tf2 cxd4 21. f6!? (Etwas günstiger für Schwarz wäre hingegen 21. Lxd4 Lxd4 22. Dxd4 f6) 21. ... Lxf6 22. Lxd4 Lxd4 23. Dxd4 Dc5 24. Dd2 e6? (Mit 24. ... Sd7! konnte Schwarz einigen Vorteil festhalten.) 25. Ld3 0–0–0 26. Tdf1 Td7 27. e5! dxe5 28. Dxg5 f5 29. Dg8+ Kc7 30. Dxe6 f4 31. Lxh7 fxg3 32. hxg3 Txh7 33. Tf7+ Txf7 34. Dxf7+ Sd7 35. g4 mit unklarem Spiel und Remisschluß,, Beljawski-Tschernin, Reggio Emilia 1995.

7. Dd2. Günstig für Schwarz wäre hingegen 7. e5? b4! 8. exf6 bxc3.

7. ... Lg7 8. h4 h5 9. g5 Sfd7. Weiß besitzt gegenüber der Partie Beljawski-Tschernin, in der der Wahlslowene den Zug ... h5 in einem ausführte das Mehrtempo h2-h4. Dieser Zug überdeckt zwar einerseits g5, schwächt aber, sollte Weiß kurz rochieren, seine Königsstellung.

10. Sge2 Lb7. Spielbar war auch 10. ... b4!? 11. Sd1 a5.

11. Sg3 0–0. Etwa gleichwertig zum Text ist 11. ... b4 12. Sd1 c5 13. d5 Se5 14. Lb5+ (14. Le2 beantwortet Schwarz hier oder im nächsten Zug mit 14. ... La6) 14. ... Sbd7 15. 0–0 a6 16. Le2 Sb6 17. c3 (Zu unklaren Verwicklungen führt 17. f4!? Sec4 18. Lxc4 Sxc4 19. De2 Sxe3 20. Sxe3 Lxb2 21. Tad1) 17. ... bxc3 18. bxc3 Sbc4 19. Lxc4 Sxc4 20. Dd3 Sxe3 21. Sxe3.

12. f4 b4 13. Sd1 c5 14. d5 Sb6 15. c4 bxc3 16. Sxc3 La6. Nach 16. ... e6 17. dxe6 fxe6 18. Td1 Sc6 19. Dxd6 (Unklar ist 19. Lh3 e5 20. Le6+ Kh8 21. f5 Sd4 22. Tf1 gxf5 23. exf5 Sf3+ 24. Txf3 Lxf3) 19. ... Dxd6 20. Txd6 Sd4 ist es fraglich, ob Schwarz für das geopferte Material ausreichende Kompensation besitzt.

17. Lxa6 Sxa6 18. De2 Dc8. Zu erwägen war auch 18. ... c4!?.

19. f5 Sc7 20. 0–0 Sd7. Zu versuchen war 20. ... Da6! mit kaum abzuschätzenden Verwicklungen, z.B.:

A) 21. Dxa6 Sxa6 22. f6 exf6 23. gxf6 Lh8 24. b3 Sd7 25. Lg5 Sc7, mit etwas besserem Spiel für Schwarz, oder

B) 21. Df3 Sc4 22. f6 exf6 23. gxf6 Lxf6, und auch hier besitzt Schwarz sowohl nach

B1) 24. Dxf6 Sxe3 25. Sf5 (25. Sxh5 pariert Schwarz mit 25. ... Se8!) 25. ... Sxf5 26. exf5 Dc4, als auch nach die etwas besseren Chancen.

B2) 24. Lh6 24. ... Ld4+ 25. Kh1 Se5 26. Dg2 Tfb8 27. Sxh5 Se8, jeweils mit etwas besserem Spiel für Schwarz. Letztlich wäre noch

C) 21. Dd1 Sc4 22. Lc1 Sb5!?, mit völlig unklaren Verwicklungen zu prüfen.

Diagramm (5538 Byte)

21. Sxh5!? gxh5 22. Dxh5 Tb8 23. Tf2. Überdeckt b2 und bereitet gleichzeitig die Turmverdopplung in der f-Linie vor.

23. ... Se8. Gegenspiel versprach 23. ... Da6!? 24. Taf1 Dd3.

24. Taf1 Se5. Zwar scheitert 24. ... Lxc3 25. bxc3 Sg7 an 26. Dh6 Dd8 (Nicht besser ist 26. ... Se8 27. f6) 27. g6 Sf6 28. Lg5, in Betracht kam jedoch abermals 24. ... Da6!?.

25. Tg2 Sc4 26. Lc1 Ld4+ 27. Kh1 Sg7. 28. Dh6!. Entscheidend!.

28. ... Txb2. Auch andere Züge sind nicht besser, z.B.

A) 28. ... Se5 29. Se2 Lxb2 (Ebenso verliert 29. ... Se8 30. Sxd4 cxd4 31. Lf4) 30. f6, oder

B) 28. ... Dd7 29. Tg3 Sxb2 30. f6, jeweils mit Gewinn für Weiß.

29. Lxb2 Sxb2 30. Tf3! Lxc3 31. f6 Se8 32. g6 Sxf6 33. gxf7+ 1–0


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In Teil 2 geht der Autor auf sogenannte "einfache Stellungen" ein, einem Spielstadium, das zwischen Mittelspiel und Endspiel angesiedelt ist und hohe technische Fertigkeit erfordert.

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ÖM Lothar Karrer

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